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Offizielle Einweihung des Neuen Schiffshebewerks Niederfinow Nord in Brandenburg

Links das alte, rechts das Neue Schiffshebewerk Niederfinow. Foto Copyright CC.

Niederfinow (Brandenburg) / Haiger, im Oktober 2022.

SIEMAG TECBERG lieferte anspruchsvolle Hebetechnik für den reibungslosen Schiffsverkehr zwischen Berlin (Deutschland) und Stettin (Polen) und war für die gesamte Maschinentechnik verantwortlich. Der deutsche Bundesminister für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing, nannte das neu errichtete Schiffshebewerk bei seiner Eröffnungsfeier eine „technische Meisterleistung“.

Am Nachmittag des 4. Oktobers 2022 wurde das neue Schiffshebewerk Niederfinow Nord nach 14-jähriger Bauzeit unter zahlreicher Beteiligung von regionaler, landes- und bundesweiter Polit-Prominenz feierlich durch den Bundesminister für Verkehr, Dr. Volker Wissing, eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben. Die Bigband des Hauptzollamtes Berlin sorgte mit stimmungsvollem Swing für die musikalische Umrahmung der Einweihungszeremonie.

Die Freigabe der Anlage für den allgemeinen Schiffsverkehr erfolgte am 5. Oktober 2022 ab 06:00 Uhr. Aus Anlass der offiziellen Einweihung fanden jedoch bereits über das Wochenende und den Tag der deutschen Einheit in der Zeit vom 1. bis zum 4. Oktober 2022 zahlreiche weitere Veranstaltungen statt wie etwa ein Volksfest nahe am alten Hebewerk sowie ein buntes Programm auf dem Gelände des neuen Hebewerkes mit Künstlern und Musik. Die Wassertourismus-Initiative Nordbrandenburg organisierte für den 4. Oktober 2022 eine Bootsparade. Die Festwoche endete am 6. Oktober mit einem feierlichen Eröffnungskonzert für Besucher des neuen Hebewerkes von Bord des Kreuzfahrtschiffes Excellence Coral aus.

Das Schiffshebewerk Niederfinow Nord in Brandenburg ist ein Schiffshebewerk am östlichen Ende des Oder- Havel-Kanals, einer Teilstrecke der Bundeswasserstraße Havel-Oder-Wasserstraße, für die das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Oder-Havel zuständig ist. Die offizielle Grundsteinlegung wurde am 23. März 2009 durch den damaligen Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee, Brandenburgs Ministerpräsident MatthiasPlatzeck sowie Vertretern des Wasserstraßen-Neubauamtes Berlin und die bauausführenden Betriebe durchgeführt.

Die in der ARGE Neues Schiffshebewerk Niederfinow zusammengefassten, bauausführenden Unternehmen betonten in einer gemeinsamen Erklärung, dass man zusammen ein 133 Meter langes und 55 Meter hohes Bauwerk geschaffen habe, das sich nahtlos in die Landschaft einfüge und dennoch durch seine besondere Architektur begeistere. Durch die Kombination der jeweiligen Expertenkenntnisse hätten alle beteiligten Unternehmen mit Fairness, Transparenz und Respekt das notwendige Vertrauen entwickelt, um dieses Jahrhundertbauwerk erfolgreich umzusetzen.

Auch für die bei der SIEMAG TECBERG am Projekt Beteiligten stellte das Bauprojekt ein interessantes Anwendungsgebiet der eigenen Ingenieurskunst dar. „Ab der Bauphase des Einbaus der mechanischen Komponenten und der Maschinentechnik waren wir von der Projektleitung mehr oder weniger permanent vor Ort, um unsere Leistungen zu koordinieren und zu überwachen“, berichtet Ralf Schülke, bislang zuständiger Projektleiter der SIEMAG TECBERG vor Ort.

Und Jürgen Peschke, Inhaber und CEO der SIEMAG TECBERG group, hält fest:

„Wir haben unsere umfangreichen Erfahrungen in der Schachtfördertechnik aus dem untertägigen Rohstoffbergbau in dieses herausragende Verkehrsprojekt eingebracht und waren für die gesamte Maschinentechnik verantwortlich. Der ca. 10.000 Tonnen schwere Schiffstrog fährt durch Sicherungs- und Haltevorrichtungen kontrolliert als funktionsbestimmendes Bauteil wie ein Aufzug durch das Schiffshebewerk. Das in der Schachtfördertechnik seit Jahrzehnten industriell genutzte Gegengewichtsprinzip mit Stahlseilen und Umlenkscheiben ermöglicht eine minimale Antriebsleistung, um die Systemwiderstände von ca. 20.000 Tonnen bewegter Massen zu überwinden. Wir sind stolz, mit unserem gesamten Ingenieurwissen einen wichtigen Beitrag geleistet zu haben.“

Kompetentes Ingenieurswissen für das Neue Schiffshebewerk Niederfinow

Wie erwähnt, wurde seit 2009 im Rahmen des „Anti-Stau-Programms“ der Bundesregierung am neuen Schiffshebewerk Niederfinow gebaut, das nach seiner Eröffnung das älteste noch in Betrieb befindliche Schiffshebewerk in Deutschland aus den 1930er Jahren ablösen wird. Dieses geschützte Industriedenkmal lässt seit 1934 Wasserfahrzeuge auf dem teils ca. 250 Jahre alten Wasserweg einen Höhenunterschied von 36 Metern überwinden. Für einige Zeit wird das neue Schiffshebewerk am östlichen Ende der Havel-Oder-Wasserstraße nach Eröffnung zusätzlich vom alten Hebewerk unterstützt.

Das neue Schiffshebewerk Niederfinow Nord hat einen hohen Stellenwert für die verkehrsinfrastrukturelle Vernetzung in Europa. Mit dem Neubau wird ein bedeutender Engpass auf der einzigen transeuropäischen Ost-West-Wasserstraßen-Verbindung zwischen Stettin und Duisburg beseitigt. Mit dem Neubau können die immer breiter und länger werdenden modernen Güter- und Containerschiffe mit bis zu 104 Standardcontainern Ladung diese Wasserstraße ebenfalls nutzen. Damit wird der gültige europäische Standard erfüllt und zudem die Voraussetzung geschaffen, zunehmend Gütertransporte auf den umweltfreundlichen und kostengünstigen Verkehrsträger Wasserstraße zu verlagern.

Aufgrund der guten Erfahrungen mit dem jahrzehntelang nahezu störungsfreien Betrieb des alten Schiffshebewerks wurde für das neue Schiffshebewerk an dem mechanischen Grundprinzip festgehalten, damit die jährlich ca. 20.000 Wasserfahrzeuge den Geländesprung weiterhin problemlos überwinden können. Ebenso wie das alte Schiffshebewerk mit seinen bis zu 150.000 Besuchern jährlich, wird auch das neue Hebewerk zu besichtigen sein. Über Aufzüge und Brücken kann das Innere erkundet und auf den Besuchergängen in fast 50 Metern Höhe der Vorgang des Hebens und Senkens der Wasserfahrzeuge beobachtet werden.

SIEMAG TECBERG ist verantwortlich für die anspruchsvolle Maschinentechnik

Als Partner der ARGE Niederfinow ist die SIEMAG TECBERG group mit ihren wissensbasierten Dienstleistungen in den Bereichen Engineering / Ausführungsplanung, Beschaffung, Fertigungsüberwachung, Montageüberwachung und Begleitung der Inbetriebsetzung verantwortlich für die anspruchsvolle Maschinentechnik wie z. B. den Trogantrieb, die Trogsicherung, die Troghaltevorrichtung, die Trogführungen sowie die Gegengewichtsanlage. Zukünftig können bis zu 11,45 m breite und 110 m lange Wasserfahrzeuge in dem 115 m langen Trog Niederfinow passieren.

Dies ermöglicht die Hebetechnik des Schiffshebewerks, die nach dem Gegengewichtsprinzip wie bei einer Koepe-Maschine funktioniert, da die Masse des mit Wasser gefüllten Troges gemäß dem archimedischen Prinzip beim Einfahren eines Schiffes gleichbleibt. Die SIEMAG TECBERG group bringt ihre jahrzehntelange Erfahrung mit Gegengewichtsanlagen im Bergbau in dieses Projekt ein. Beim neuen Hebewerk hängt der gefüllte Schiffstrog an 224 Stahlseilen mit einem Durchmesser von 60 mm, welche über 112 Doppelseilrollen mit einem Durchmesser von 4 m die Verbindung zu den beidseitigen Gegengewichtsgruppen herstellen.

Durch das Gegengewichtsprinzip wird die installierte Leistung des Antriebs zum Heben und Senken des ca. 9.800 t schweren Schiffstrogs gering gehalten. Als Antriebsleistung sind in 4 Antriebseinheiten in Summe 1.280 kW installiert. Damit wird eine Fahrzeit für die 36 m Hubhöhe von ca. 3 Minuten gegenüber ca. 5 Minuten beim alten Hebewerk erreicht. Für mögliche Störfallszenarien ist analog zum alten Hebewerk ein Trogsicherungssystem installiert, welches aus 4 Drehriegeln mit an den Pylonen befestigten Mutterbackensäulen besteht und im Falle eines zu hohen Ungleichgewichts den Schiffstrog sicher hält.

Auf Basis des Bauherrenkonzepts hat SIEMAG TECBERG als für die Maschinentechnik verantwortlicher Partner ebenfalls die hydraulisch betätigten Troghaltevorrichtungen in den oberen und unteren Anlegestellungen, sowie horizontale Trogführungseinrichtungen in der Längs- und Querrichtung des Bauwerks komplettiert. Im April des Jahres 2020 erfolgte im Rahmen der Inbetriebsetzung eine erste Trogfahrt als Leerfahrt ohne Schiff zur oberen Anlegestellung, um den Trogantrieb erstmals erfolgreich auf Funktionalität zu prüfen.


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